Jobcenter beteiligt sich an Aktionswoche
Kulturangebote oder Vereinsmitgliedschaften sind für Familien mit niedrigem Einkommen ein oftmals kaum finanzierbarer Luxus. Die deutschlandweite Aktionswoche der kommunalen Jobcenter - vom 20. Juni bis 26. Juni - bot den geeigneten Rahmen, um das Thema Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben in den öffentlichen Fokus zu rücken.
Thomas Holz, Betriebsleiter des Jobcenters, berichtet, dass die Unterstützung für Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben seitens der Leistungsberechtigten noch zu wenig in Anspruch genommen wird. Die Kostenerstattung für das schulische Mittagessen oder Klassenausflüge ist deutlich bekannter und wird auch häufiger beantragt.
In einem Pressegespräch am 22. Juni informierte der Betriebsleiter des Jobcenters Salzlandkreis gemeinsam mit Andreas Boennen, Bereichsleiter im Jobcenter Salzlandkreis, zu Erfolgen, Perspektiven und Herausforderungen der finanziellen Unterstützungsleistung für Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben. Holger Goldschmidt, Vorsitzender des Taekwondo Gemeinschaft Schönebeck "Wild Devils" e. V., nahm ebenfalls an dem Termin teil und berichtete aus seiner Vereinspraxis. Er kennt viele Jugendliche unter seinen Schützlingen, die ihre Vereinsmitgliedschaft mittels der Förderung aus dem Bildungs- und Teilhabepaket finanzieren.
„Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben ist eine wesentliche Säule der gesellschaftlichen Integration insbesondere für Kinder und Jugendliche. Gerade im Rahmen des Vereinslebens – beim Fußball, Volleyball oder in der Theatergruppe – entwickeln junge Menschen wichtige Sichtweisen und Haltungen, die ihr künftiges Leben maßgeblich beeinflussen“, erklärt Andreas Boennen.
Die 1991 gegründete Taekwondo Gemeinschaft Schönebeck zählt knapp 100 Mitglieder, von denen 12 Sportler einen Migrationshintergrund haben. Einer von ihnen ist der 8-jährige Shabair Afshar, der erst vor kurzem zum Taekwondo Landesmeister in seiner Altersklasse gekürt wurde. Der ambitionierte Kampfsportler wird zu den Wettkämpfen und zum Training stets von seiner Mutter Shokier und seinem Vater Farid, oft auch noch den beiden kleineren Geschwistern, begleitet. Teilweise sprachlich unterstützt von ihrem Sohn berichten die Eltern, dass ihr Ältester neben dem Kampfsport auch Gitarre spielt und regelmäßig zum Fußball geht. Die Familie unterstützt den Sohn gern bei seinen Hobbies, wobei die monatliche Leistung von 15 Euro aus dem Bildungs- und Teilhabepaket nur einen Teil der entstehenden Kosten abdeckt – den Musikunterricht müssen sie beispielsweise aus eigener Tasche bestreiten. Goldschmidt bestätigt, dass es vielen Familien so ergeht. Trotzdem ist er dankbar, dass es die finanziellen Zuschüsse gibt und macht seine Mitglieder aktiv darauf aufmerksam. Nach seinen Erfahrungen ist es seitens der Vereine schwierig herauszubekommen, welche Mitglieder die Leistungen für soziale und kulturelle Teilhabe bereits beantragt haben. Hier wäre es schön, eine Möglichkeit des Abgleichs herzustellen.
Holger Goldschmidt sieht die Vereinsarbeit „als Brücke, um Menschen, die aus anderen Ländern zu uns kommen mit bereits hier Ansässigen, zusammenzubringen“. Er hält bis heute den Kontakt zu vielen seiner ehemaligen Vereinsmitgliedern und zeigt sich beeindruckt, wie der Sport im jungen Alter den Zusammenhalt und das Durchsetzungsvermögen auch für das spätere Leben prägt. „Es ist aus allen was geworden“, berichtet er stolz. Aus seiner Sicht trägt der Sport im Verein „zur gegenseitigen Verständigung bei“.
Auch Shabair und seine Eltern haben im Verein neue Bekanntschaften geknüpft. Sie berichten, dass der regelmäßige Kontakt unter den Vereinsmitgliedern neben der gemeinsamen Begeisterung für den Kampfsport auch das Verständnis für die deutsche Sprache fördert.
Mit dem Bildungs- und Teilhabepaket werden Kinder und Jugendliche aus einkommensschwachen Familien gefördert. Anspruch auf die finanzielle Unterstützung haben junge Menschen aus Familien, die Leistungen zur Grundsicherung vom Jobcenter erhalten und diejenigen, welche Kindergeldzuschlag, Wohngeld, Sozialhilfe oder Asylleistungen bekommen. Die Zuschüsse für Teilhabe am sozialen und kulturellen können individuell beispielsweise für Mitgliedsbeiträge in Vereinen oder für Unterricht in künstlerischen Fächern (z. B. Musikunterricht), aber auch für angeleitete Aktivitäten der kulturellen Bildung (z. B. Museumsbesuche) bzw. die Teilnahme an Freizeiten (z. B. Pfadfinder, Theaterfreizeit) eingesetzt werden.
Sharam Nazari (rote Weste), Mitglied des Taekwondo Gemeinschaft Schönebeck "Wild Devils" e. V. im Wettkampf
(Quelle: Taekwondo Gemeinschaft Schönebeck "Wild Devils" e. V).
Holger Goldschmidt, Vereinsmitglied Shabair Afshar, Mutter Shokier Afshar und Vater Farid Afshar im Gespräch mit Andreas Boennen und Thomas Holz.
Hintergrundinformation „Aktionswoche der kommunalen Jobcenter“:
Um die Arbeit und Leistungsfähigkeit der kommunalen Jobcenter in den Fokus der öffentlichen Wahrnehmung zu rücken, findet im Zeitraum vom 20. bis 26. Juni 2022 eine bundesweite Aktionswoche im Rahmen der Kampagne „Stark. Sozial. Vor Ort.“ statt, an der sich auch das Jobcenter Salzlandkreis beteiligt.
Der Salzlandkreis gehört zu den 104 Landkreisen und kreisfreien Städte, die ein Jobcenter in kommunaler Trägerschaft betreiben. Der Deutsche Landkreistag und der Deutsche Städtetag starteten bereits Ende 2018 gemeinsam mit den kommunalen Jobcentern eine deutschlandweite Kampagne unter dem Titel „Stark. Sozial. Vor Ort.", um auf die Stärken kommunaler Jobcenter und die Bedeutung der dezentralen Arbeitsmarktpolitik aufmerksam zu machen.
Im Rahmen der bundesweiten Aktionswoche präsentieren die beteiligten Jobcenter der breiten Öffentlichkeit ihr Leistungsspektrum und ihre Stärken in verschiedenen Aktionen und Veranstaltungen.